Foto: Marc Lins
So wie wir
17. Jänner bis 8. Februar 2019, Villa Müller
Gleich einer kinematografischen Zeitkapsel kündet das originäre Mobiliar der in den 60er Jahren erbauten Villa Müller von einer Vergangenheit, die schmerzlich persönlich in der Gegenwart zu schlummern scheint. In vor Ort entwickelten temporären Eingriffen und neuen Installationen bewegt sich Nadine Hirschauer vier Wochen lang im Vorgefundenen. Heimat ist ein dynamischer Prozess, der von Abgrenzung und Inklusion gleichermaßen gekennzeichnet ist. In Nadine Hirschauers künstlerischer Praxis heißt das Vehikel zum Ausloten und Befragen dieser sehnsuchtsverklärten Sinnsuche „Kommunikation“: das Umordnen gewohnter Strukturen, gemeinsames Denken als Ideenraum, miteinander Essen als sozio-kultureller Schlüsselmoment.
17.–18.1.2019, je 16–19 Uhr Bestandsaufnahme vor Ort
25.1.2019, 19 Uhr „Zuhause ist kein Paradies“
Sina Wagner über Nadine Hirschauers Arbeit in der Villa Müller
1.2.2019, 19 Uhr Runder Tisch zum Thema Heimat, in Kooperation mit dem Theater am
Saumarkt, Veranstalter der Literaturtage „HeimatDenken“
8.2.2019, 19 Uhr Essen mit Fremden
Roland Adlassnigg kocht
Die Agentur für Leerstandsmanagement Nest entwickelt derzeit exemplarische Nutzungsmöglichkeiten der 880 qm großen Villa Müller, ohne jedoch strukturell einzugreifen. Nadine Hirschauers Denken spiegelt diesen Prozess: Sie interessiert sich für die narrative Konstruktion unserer Umwelt, entstehend aus dem Zusammenspiel unserer Erfahrungen, Erlebnisse und Geschichten, gespeist aus kollektivem und individuellem Gedächtnis. Die sich schnell verändernde Gegenwart erzeugt dabei viele Unsicherheiten - Gewohnheit kann dagegen Geborgenheit und Gewissheit schaffen. Im Gegensatz zum Menschen folgen viele Tiere instinktiven Lebenszyklen, etwa einige Forellenarten: Sie wandern an ihren Geburtsort, um dort zu laichen. Dabei legen sie große Distanzen zurück. In Feldkirch wurden Verbauungen und Niveauunterschiede der Ill durch eine Fischtreppe im Kraftwerk überwunden, die gleichzeitig die Tiere identifiziert und katalogisiert. Eine Installation in der Waschküche der Villa Müller zeigt die eindrucksvollen Momentaufnahmen der fotografischen Zählanlage.
Auf einem Bildschirm sehen wir ein Fuchspärchen in seinem Bau. Die Liveschaltung aus dem nahen Wildpark ermöglicht eine seltene Sicht in die unterirdische Heimstätte der Tiere, so nah und unmittelbar, dass man leise sein möchte, um sie nicht zu stören. Das Eindringen in diese den Blicken sonst verborgene Welt offenbart eine emotionale Parallele: Beim Betreten der Villa Müller hat man das Gefühl, uneingeladen bei jemandem zu Hause zu sein, der gleich zurückkehren wird. Die Abwesenheit ist allgegenwärtig.
Nadine Hirschauers Umgang mit Räumen und Orten, ihren Geschichten und Kontexten, fokussiert auf die Menschen, die in ihnen leben und sie gestalten. Dem künstlerischen Werk wohnt eine Sensibilität und Intensität inne, die unerschrocken Themen unserer Zeit aufgreift. Die Künstlerin entwickelt eine Kraft der leisen Irritation, die von einem Optimismus im Alltäglichen kündet, den Dialog sucht und den Blick öffnet.
Kunst Palais Liechtenstein für einen Monat zu Gast in der Villa Müller
www.palaisliechtenstein.at